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Die Waage - Sucherin nach dem Guten, Wahren, Schönen
Der beherrschende Planet der Waage ist die Venus, die Göttin der Liebe und der Schönheit der griechischen Mythologie. Die Waage ist ein Luftzeichen, und die Luft ist in erster Linie mit Ideen und Prinzipien befaßt. Und mit der Liebe natürlich auch. Jede Waage denkt ebensoviel über die Liebe nach wie über alles andere, das mit Beziehungen zu tun hat. Aber das wesentliche Wort hierbei ist denken.
Die Vorstellung der Waage von Liebe muß nicht unbedingt etwas mit einem herzlichen, angenehmen, bezaubernden Tete-a-tete zu tun haben. Viel eher wird es um eine ihrer vielen Theorien über die Natur der Liebe und der Ehe gehen, ihre Ideale von der perfekten Beziehung, ihre Vorstellung, wie Menschen miteinander umgehen sollten, oder ihre Vision von einer Welt, in der alles wunderbar ausgewogen, geglättet, vollkommen, symmetrisch und harmonisch ist. Was einen zum Wahnsinn treiben kann.
Dieses Zeichen, dessen Symbol die Waagschalen sind, hat weniger mit der üblichen Paarung zweier Menschen zu tun als jedes andere Zeichen. Die Waage steigt nicht in die Niederungen sinnlicher Liebe hinab. Für die Waage muß die Liebe im angemessenen Stil stattfinden: ein Ritual höfischer Liebe, komplett mit allen passenden Gesten, den richtigen Worten, dem richtigen Parfum, der richtigen Bettwäsche, den richtigen Duftkerzen und den richtigen Blumen.
Die Waage ist der große Perfektionist des Tierkreises, nicht die Jungfrau, wie man vielleicht vermutet. Für die Waage dreht sich die Welt um die Liebe. Aber ihre Liebe ist ziemlich theoretisch. Sie weiß weniger darüber als jedes andere Zeichen, obwohl sie mehr darüber nachdenkt. Darum sucht sie auch immer nach der Liebe in ihrer idealisiertesten Form. Wie beim Wassermann und den Zwillingen ist auch bei der Waage die Natur ihrer Gefühle oft kindlich und naiv.
In der Astrologie symbolisiert der Planet Venus das Bedürfnis nach Beziehungen. Aber einzelne Dinge zueinander in Beziehung zu setzen, verlangt nicht notwendigerweise nach Gefühlen. Es geht dabei um die Kunst des Vergleichens, der Unterscheidung, der Hervorbringung ausgewogener und symmetrischer Muster. Beziehung kann zu einem Tanz, zur Geometrie, zur Mathematik oder zur Kriegführung gehören. Beziehung kann bedeuten, daß man einen feinen Sinn dafür hat, welche Farbe zu welcher paßt oder ob das Design eines Porsche dem eines Ferrari überlegen ist. Darum geht es der Waage in Wirklichkeit.
Die meisten Waage-Menschen denken viel über die Ehe nach, und man trifft selten eine Waage, die lange unverheiratet bleibt. Es hat mit dem Ritual, der Zeremonie, dem Gefühl der Zusammengehörigkeit, dem Ringtausch zu tun. Alles das spricht das ausgeprägte Stilgefühl in der Natur des Waage-Menschen an. Es geht um die Vereinigung von Gegensätzen, das Ausbalancieren von Dingen, die nicht vereinbar sind und einander ausschließen, das Abfeilen harter Kanten und das Einfügen in ein Muster. Für die Waage ist die Ehe wie ein Tanz aus dem sechzehnten Jahrhundert.
Jeder Schritt, jede Geste hat eine ritualisierte Bedeutung. Die Waage ist das Zeichen des großen Rituals. Das Symbol der Waage ist ein lebloser Gegenstand. Die Waage versucht, das normale menschliche Leben auf eine Ebene platonischer Ideale zu erheben. Dabei ist sie keineswegs unfähig, erotisch oder stark sinnlich zu sein, aber auch der Sex muß ritualisiert werden, sonst verliert sie die Lust daran.
Von einer Waage sind sehr oft Worte wie fair und gleichberechtigt zu hören. Waage-Menschen glauben leidenschaftlich an Fairneß, und das bringt für sie viel Ungemach mit sich, weil das Leben und die Menschen nicht immer fair sind. Immer wieder stößt ihr Idealismus mit einer unausgewogenen Welt voller Fehler und rauer Kanten zusammen.
Sie glauben auch leidenschaftlich an die Gleichheit, vor allem in der Partnerschaft. Wer der Waage einen Gefallen erweist, dem erweist sie auch einen. In vieler Hinsicht ist sie wahrhaft aufgeklärt, und bei männlich-weiblichen Beziehungen versteht sie ganz real, was Gleichberechtigung und Faimeß bedeuten, und wird nicht Sex ins Spiel bringen, um das Obergewicht zu bekommen.
Auch hier wird sie oft bitter enttäuscht werden, denn einen Partner zu finden, der ebensoviel gibt wie nimmt, und in einer Beziehung zu leben, in der nicht der eine ein wenig stärker ist oder ein wenig mehr liebt als der andere, ist schlechterdings unmöglich. Aber die Waage glaubt eben an das Unmögliche und wird häufig von einer Beziehung in die nächste, von einem Beruf in den anderen und von einem Land ins andere gehen und immer und immer glauben, daß sie eines Tages, irgendwann einmal den perfekten Partner, den perfekten Beruf und die perfekte Umgebung finden wird, in die keine Häßlichkeit, Widrigkeit oder menschliche Tragödie eindringen kann.
Wie Sokrates sucht die Waage das Gute, Wahre und Schöne. Selbst die Waage, die gelernt hat, ihren berühmten Charme einzusetzen, um Menschen und Situationen zu manipulieren, wird dennoch danach suchen. Sie sucht sie auf jedem Lebensgebiet und in jeder Beziehung, die sie eingeht. Wenn der WaageMensch so etwa Mitte Dreißig ist, weiß er, daß das Gute, Wahre und Schöne nur Konzepte und Symbole sind und nicht reale Dinge, die er auf der Straße finden wird. Dennoch gibt er die Suche nicht auf. Eine der besten Eigenschaften dieses merkwürdigen Zeichens ist es, daß es bei seinen ewigen Versuchen, die Welt zu verändern und zu einem Ort zu machen, wo das Gute, Wahre und Schöne eine Bleibe finden können, immerhin den Erfolg hat, das Leben wenigstens ein bißchen besser, schöner und harmonischer zu machen, als es sonst gewesen wäre.
Wie sein Planet Venus hat es die Gabe, Stil, Eleganz und Harmonie um sich zu verbreiten. Stärker erdgebundene Wesen haben oft keinen Sinn für diese besondere Begabung der Waage, aber diejenigen, die wissen, daß ein bunter Strauß voll duftender Blumen für die Seele ebenso wichtig ist wie die Gehaltserhöhung für den Alltag, schätzen die Waage.
Die Waage hat Initiative, und sie braucht Ziele. Diese Eigenschaften teilt sie mit dem Widder, dem Krebs und dem Steinbock. Diese Zeichen haben die gemeinsame Charakteristik, daß sie auf ein Ziel hinarbeiten müssen. Die Waage strebt im allgemeinen nach Ordnung. Vollkommenheit und einer idealen Beziehung. Weil sie sich immer der Ansichten anderer Menschen bewußt ist, zeigt sie im Umgang mit ihnen selten Aggressionen. Aber sie besitzt ebensoviel Initiative wie ihre unter dem Zeichen des Widders oder Steinbocks geborenen Vettern.
Sie ist immer hinter etwas her. Aber um das mit volleinsetzbarer Zuversicht zu erreichen, braucht sie einen Partner. Wer einige Zeit mit einer Waage verbringt, wird bald ihr königliches wir erkennen. Der Widder sagt einfach: Ich will das. Mach es. Die Waage ist viel diplomatischer und gewiefter. Sie weiß mit beängstigender Klarheit, daß die Welt voller Menschen ist, die anderer Meinung sind als sie. Sie wird auf andere Meinungen hören, ihnen oft zustimmen, um den Partner oder Gegner zu animieren, mehr zu sagen. Am Ende macht sie genau das, was sie will.
Aber sie wird immer den Eindruck erwecken, daß sie ihren Entschluß nur dank der Mitwirkung anderer gefaßt hat, die hinterher glauben, es wäre ihre Idee gewesen und sie hätten sich durchgesetzt. Statt Mach es! zu sagen, geht die Waage sanft und mit dem berühmten charmanten Lächeln vor. Weißt du, ich habe überlegt, daß es für alle angenehm wäre, wenn wir... Und schon hängt man am Angelhaken.
Wie rücksichtsvoll dieser Mensch ist. Wie besorgt um die Bedürfnisse und Ideen der anderen. Wie undogmatisch. Wie bescheiden. Natürlich wird man das Gewünschte gern für ihn tun, hat tatsächlich selbst schon daran gedacht und freut sich, seiner Zustimmung gewiß zu sein.
Kein Wunder, daß Waagen den Ruf geschickter Diplomaten und hervorragender Staatsmänner haben. Sie haben die seltene Gabe, mit einem Minimum von Kränkungen ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen. Wie könnte man auch von jemand beleidigt
werden, der immer nach der Meinung anderer fragt? Das ist die Kunst der Beziehung in Reinkultur.
Das Problem dabei ist leider, daß Leute, die direkter veranlagt sind, kein Wort davon glauben. Sie sehen die Waage als chronischen Heuchler und Schmeichler. Manchmal mag das sogar stimmen. Wer von seinen Freunden erwartet, daß sie für ihn bluten und treu bis in den Tod sind, dem dürfte es schwer fallen, der Waage zu vertrauen, die lieber mit allen gut Freund ist, statt für etwas zu bluten und zu sterben.
Argwöhnische Typen wie Skorpione und Steinböcke, die Komplimenten sowieso mißtrauen, halten von den Schmeicheleien der Waage gar nichts. Von der anderen Seite des Zauns aus betrachtet, wirkt die Waage nicht sehr vertrauenswürdig. Diplomaten tun das nie.
Andererseits aber (diesen Ausdruck hört man von Waage Menschen oft) ist dies weder Heuchelei noch Unehrlichkeit. Vom Standpunkt der Waage aus ist es wahr. Sie macht viel lieber Komplimente als zu beleidigen, und das nicht nur, weil sie gern gelitten sein möchte, sondern weil sie bestrebt ist, das Schöne und das Positive in den Menschen und im Leben zu sehen.
Aber ist es nicht angenehmer, hofiert zu werden, als sich von der wilden Wahrheitsliebe eines Rüpels brutal seine Träume und Wünsche zertrampeln zu lassen? Der Waage-Fotograf wird beispielsweise eine Frau immer von ihrer besten Seite zeigen. Die realistische Schule, die sämtliche Flecken, Falten und überflüssigen Haare porträtiert, weil sie lebensecht sind, ist nichts für ihn. Das Lebensechte wird von der Waage mit der Vision der Schönheit retuschiert, die es enthalten könnte.
Auch das königliche wir der Waage ist keine Anmaßung, sondern eine Form von Diplomatie. Die Waage macht Gebrauch von der Erkenntnis, daß man viel mehr erreichen kann, wenn man die Menschen auf seiner Seite hat, als wenn sie gegen einen sind. Außerdem haßt sie Streit und Gefühlserregungen und hat entsetzliche Angst davor, unbeliebt zu sein. Wenn sie weiß, daß sie verachtet wird, ist sie völlig zerstört. Sie wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Gegner zu bekehren.
Aber abgesehen von Diplomatie, hat die Waage echtes Interesse an den Ideen
und Empfindungen anderer Menschen. Sie sind ihr wirklich wichtig. Sie hört nicht nur zu, weil sie weiß, daß man sie dann mehr schätzen wird, sondern weil es sie echt interessiert. Und es ist auch keine Heuchelei, wenn sie nicht zeigt, daß sie anderer Meinung ist. Sie ist einfach klug genug, um zu wissen, daß der andere seine Meinung auch dann nicht ändern würde, wenn sie ihm widerspräche. Warum soll sie sich also die Mühe machen? Es ist doch so viel angenehmer, wenn alles angenehm ist.
Aber all diese Gaben schaffen der Waage auch Probleme. Wenn man sich nämlich sein Leben lang aller anderen so bewußt ist wie die Waage, bekommt man selten eine Chance, seine eigenen Gefühle ehrlich ausdrücken zu können. Sie hat Schwierigkeiten, mit den eigenen Gefühlen fertig zu werden, weil die so häufig dem Ideal des Guten, Wahren und Schönen widersprechen. Für die Waage sollten alle Emotionen immer freundlich, angenehm, liebevoll und harmonisch sein.
Wenn sie Arger, Haß, Eifersucht oder Begehrlichkeit empfindet, bekommt sie Angst. So etwas sollte man nicht empfinden. Sie schleppt oft einen ganz beachtlichen Schuldkomplex wegen der häßlichen Dinge mit sich herum, die sich in ihrer Seele eingenistet haben. Oft unterdrückt die Waage die eigenen Gefühle mitleidslos; einmal, weil sie nicht zu ihrer Vorstellung passen, wie Menschen sein sollten, und ein andermal, weil sie ihr Arger machen (gemeint ist, daß andere Menschen sich manchmal über sie ärgern), wenn sie ihre wahren Gefühle zeigt. Ihre unwirkliche Welt der vollkommenen Harmonie und Gemeinsamkeit wird gelegentlich so unrealistisch, daß sie nicht mehr mit alltäglichen menschlichen Konflikten fertig wird.
Und so stark unterdrückte Gefühle machen sich früher oder später auf unerfreuliche und indirekte Art Luft. Als Depressionen oder physische Krankheiten oder als versteckte und unbeabsichtigte Sticheleien gegen Menschen, um die sie sich ganz besonders bemüht. Dann sagt sie im ungeeignetsten Augenblick das Allerungeeignetste und begreift nicht einmal, was sie gerade getan hat. Ihre unterdrückte Feindseligkeit und ihr Arger äußern sich indirekt, und meistens merkt sie das erst, wenn sie schon alle Freunde in die Flucht geschlagen hat.
Die Waage, die große Freundin der Wahrheit, ist auf der Gefühlsebene oft unehrlich gegen sich und andere. Das ist unbeabsichtigt und liegt daran, daß sie als empfindsamer Idealist, deren kluger Verstand sich ein so klares Bild der Welt macht, viel Zeit braucht, um sich an die rauhen Seiten des Lebens zu gewöhnen. Nur allzu oft wird sie der Herausforderung, ihre idealistische Natur der unbequemen Welt anzupassen, aus dem Wege gehen, indem sie sich in einer Beziehung versteckt, die ihr einen schützenden Kokon bietet, so daß sie sich nicht mit diesen schwierigen Problemen befassen muß.
Um es kurz zu sagen: Die Waage ist oft von ihren Freunden und Lebenspartnern abhängig, weil sie Schutz vor der rauhen Wirklichkeit braucht. Dabei entwickelt sie dann soviel Charme, daß man ihr diesen Schutz nicht verweigern kann, und damit beißt sich die Katze wieder in den Schwanz.
Eine weitere Schwierigkeit der Waage-Menschen ist das, was sie selbst als Selbstsucht bezeichnen.
Es fällt ihnen schwer, sich über die eigenen Wünsche klarzuwerden, ohne jedermann zu befragen. Nun ist die Waage für die ihr angedichtete Unentschiedenheit geradezu berühmt. Aber es ist keine echte Unentschiedenheit, denn sie hat durchaus feste Vorstellungen von ihren eigenen Wünschen oder ihrem eigenen Geschmack. Ist sie allein, kann sie sehr schnell ihre Wahl treffen.
In Gesellschaft anderer versucht sie aber ständig, sich deren Wünschen anzupassen, um möglichst viel Unterstützung zu bekommen. Zum Teil liegt es daran, daß es ihr oft gar nicht so schrecklich wichtig ist, das zu bekommen, was sie will; es ist ihr viel wichtiger, Gesellschaft zu haben. Sie hat ihre Wahl getroffen, und die heißt: harmonisches Zusammensein. Zum Teil aber hat sie vage Schuldgefühle, etwas haben zu wollen, das egoistisch sein könnte.
Und oft geht es einfach darum, daß sie laut denkt. Waage-Menschen werden sich oft über ihre Gedanken klar, indem sie mit anderen sprechen. Am Ende treffen sie schon ihre eigenen Entscheidungen, aber ihre Gedanken kristallisieren sich in Gesprächen. Deshalb sollte man, in einer Diskussion die Behauptungen einer Waage nicht zu wörtlich nehmen. Im allgemeinen probiert sie nur herum. Später, wenn sie allein ist, wird sie wissen, was sie wirklich will.
Wer der klassischen Waage-Routine begegnet, weil er fragt: Was möchtest du heute Abend unternehmen?, und die Antwort bekommt: Mir ist alles recht, was du möchtest, der sollte erst gar keinen Versuch machen, eine genauere Antwort zu erzwingen. Die Antwort ist genau, daß die Waage es lieber hat, wenn der andere entscheidet - nicht weil sie selbst nicht dazu fähig wäre, sondern weil sie einen viel angenehmeren Abend verbringen wird, wenn sie weiß, daß der andere glücklich ist, als wenn sie ihren eigenen Willen durchgesetzt hätte. Wer Entscheidungen gern anderen überläßt, versucht es besser mit einem Widder oder Löwen. Der armen Waage gegenüber ist es nicht fair, wenn man von ihr erwartet, diese Rolle zu spielen. Ihr Talent liegt darin, die goldene Mitte zu finden.
Manchmal kann die Waage auch polemisch werden. Sie zeigt diese Wesensseite bei Diskussionen. Jemand nimmt einen Standpunkt ein; sie ist entgegengesetzter Meinung. Stimmt man ihr aber endlich zu, wird sie mit den Argumenten kommen, mit denen alles angefangen hatte. Sie will nicht streiten; sie versucht nur den Mittelweg zwischen den beiden Standpunkten zu finden.
Manche Waagen zeigen ihr Bedürfnis nach Gleichgewicht, indem sie alles ablehnen, was gesagt wird.
Es ist ihre Methode, herauszufinden, was sie denken, und gleichzeitig mit der inneren Neigung, stets allem zuzustimmen, zurechtzukommen. Die wahre Natur der Waage ist nicht streitsüchtig; sie ist auch nicht passiv oder nachgiebig. Die Waage liebt ganz einfach keine Extreme. Zusammenwirken bedeutet ihr alles.
Bei soviel Gegensätzlichkeiten ist es nicht verwunderlich, daß Waage-Menschen von anderen entweder ausgesprochen gern gemocht oder völlig abgelehnt werden. Man gibt sich entweder von ihrem Charme geschlagen oder ist überzeugt, daß sie ein verräterisches, heuchlerisches Spiel treiben. Diese Reaktion entspricht dem Zeichen, das selbst ja auch für alles zwei Seiten hat, immer in der Mitte zwischen zwei Extremen steckt und auf der Suche nach der klaren Ausgewogenheit erst die eine und dann die andere Seite ausprobiert. Für die Waage liegt das Geheimnis
des Lebens darin, daß es möglich sein muß, mehr zu sein, als wir sind, besser, gütiger, wahrhaftiger und schöner.
Männlich und weiblich sind für die Waage ebenso rätselhafte Gegensätze wie gut und böse oder vollkommen und unvollkommen. Viele Waage-Männer neigen stark zur weiblichen Seite des Lebens - Schönheit und Kultur, Kunst, Harmonie, Zusammengehörigkeit. Das heißt nicht, daß sie unmännlich wären. Im Gegenteil, dieser Anhauch des Künstlerischen macht sie für Frauen oft ganz besonders attraktiv. Aber es scheint so, als bringe ihr Bedürfnis nach Ausgewogenheit sie dazu, auch in sich selbst die beiden Geschlechter ausbalancieren zu wollen.
Manche Waagen tun dies buchstäblich, bei anderen ist es ein psychologischer Vorgang, der sich in Interesse an Frauen und an der weiblichen Seite des Lebens ausdrückt. Viele Waage-Frauen haben dagegen ungewöhnlich stark ausgeprägte männliche Begabungen - klaren Intellekt, Logik, Organisations- und Führungstalent. Sie brauchen deshalb über den Rahmen ihrer Familie und ihres Heims' hinaus eine Sphäre, in der sie diese Begabungen ausnützen können.
Die Rede ist hier nicht von körperlichen Dingen, sondern allein von geistigen. Bei der Waage geht es immer um geistige Dinge. Es dreht sich hier nur um die Tatsache, daß die Waage oft Eigenschaften und Begabungen besitzt, die man im allgemeinen dem anderen Geschlecht zuschreibt. Das macht einen Teil des Channes der Waage aus und ist teilweise auch der Grund dafür, daß so viele Waage-Männer und Waage-Frauen am besten mit Freunden und Partnern des anderen Geschlechts auskommen.
Die idealistische Waage hat häufig an ihrem Partner etwas auszusetzen. Sie träumt von einem Ideal, findet es in einem geliebten Menschen, um dann zu entdecken, daß eben doch alle Menschen unvollkommen sind. Die wirkliche Aufgabe und Lebenslehre für die Waage ist die Liebe. Sie muß die Liebe von der Ebene einer verstandesmäßigen Ubung auf die Ebene des Herzens bringen.
Häufig schätzt die Waage nämlich den Verstand höher ein als die normalen menschlichen Ausdrucksformen der Zuneigung. Es ist nicht so, daß die Waage keine Zuneigung nötig hätte oder sie nicht zu bieten vermöchte, sie belastet sie nur oft mit unnötigen Qualifikationen, die auf ihrer Idealvorstellung beruhen, wie Liebe ausgedrückt werden müsse.
Viele Waage-Menschen haben es mit dem eigenen Geschlecht schwer, weil sie häufig so tiefe Sympathie für das andere empfinden. Waage-Männer setzen sich ungewöhnlich stark für Frauen ein, sympathisieren mit ihrem Kampf um Gleichberechtigung und Anerkennung. Zum Entsetzen ihrer chauvinistischeren Freunde äußern sie ihre ketzerischen Ansichten auch noch laut.
Und viele Waage-Frauen, die sich in der Gesellschaft von Männern wohler als mit ihren Geschlechtsgenossinnen fühlen, zeigen oft große Einsicht und Verständnis für die Schwierigkeiten und Anforderungen, die das Leben an die Männer stellt. Ihre eigenen Geschlechtsgenossinnen empfinden das als Verrat.
Der Waage geht es nicht allein darum, die vollkommene Liebe, Ehe oder Gesellschaft zu finden; sie will Gegensätze verbinden und Menschen zusammenbringen, die sich sonst verständnislos gegenüberständen. Dank ihrer großen diplomatischen Begabung kann sich die Waage auf die eine und die andere Seite stellen und vermitteln, weil sie die Gegensätze selber in sich hat und darum kennt. Sie selbst ist vielleicht gar nicht so ausgewogen, aber Ausgewogenheit ist für sie immer das höchste Ziel.
Je eher die Waage von ihrem Elfenbeinturm herabsteigt, in dem sie Schutz vor seelischen Schmerzen und Desillusioniertheit gesucht hat, desto schneller kann sie sich an ihre wirkliche Aufgabe machen, die darin besteht, die eigenen inneren Gegensätze miteinander zu vereinen. Ob es dabei um Verstand und Gefühl, Männliches und Weibliches oder um Idealismus und Materialismus geht, die Waage wird in sich immer tiefe Konflikte finden, die den Konflikten des Lebens entsprechen. Wenn sie für sich selbst den Mittelweg findet, kann sie auch den anderen das Gute, Wahre und Schöne bringen, das dann nicht mehr nur in ihrem Geist existiert.