So ist der Jungfrau-Mensch mit Zwanzig
Das Leben der Jungfrau-Geborenen entwickelt sich meist mit auffallender Folgerichtigkeit. Da geschieht nichts zusammenhanglos und sprunghaft, alles ist einer persönlichen Logik und Ordnung eingefügt. Merkur, der Regent dieses Erdzeichens, schenkt Klarheit und verleiht dem Jungfrau-Wesen jene Züge, die man berechnend nennt. Aber man täte den Jungfrau-Geborenen unrecht, würde man sie nur als verkörperte Nüchternheit einstufen. Sie sind für feinere Schwingungen, für Ästhetisches, Künstlerisches sogar sehr empfänglich. Es stimmt allerdings, daß zwischen Wünschen und Handeln meist die Vernunft geschaltet wird. All das läßt sich bereits in der Jugend klar erkennen.
Jungfrau-Menschen mit Zwanzig wissen in der Regel genau, was sie wollen, und schlagen zielstrebig ihren Weg ein. Selbstverwirklichung -heute bereits ein Modewort geworden - ist das Ziel. Ob es erreicht werden kann, hängt nicht allein von den Jungfrau-Menschen ab.
Die angeborene Strebsamkeit der Jungfrau-Menschen trägt fast immer Früchte - sie trägt den Geborenen dieses Zeichens aber auch den Ruf ein, "Streber" zu sein, und das macht sie nicht überall beliebt. Es gibt natürlich viele Schattierungen in der Prägung des Jungfrau-Wesens, auf die im einzelnen nicht eingegangen werden kann. So schwierig, wie die Jungfrau-Geborenen angesehen werden, sind sie aber bei weitem nicht immer.
Sie haben ihre Eigenarten, das soll nicht geleugnet werden. Zum Beispiel sind sie geborene Ordnungsfanatiker. Wer selbst mit der Ordnung auf Kriegsfuß lebt, wird es im engeren Kontakt mit einer Jungfrau schwer haben. Ebenso werden sich chronisch Unpünktliche über die Pünktlichkeit der Jungfrau-Menschen ärgern, und so ist es noch in vielen weiteren Belangen.
Fest steht, daß eine Menge Dinge, die dem Jungfrau-Typ selbstverständlich sind und ihm selbst überhaupt keine Schwierigkeiten bereiten, von anderen als lästig oder unzumutbar oder kleinlich empfunden werden. Das erschwert das Zustandekommen von Kontakten.
Ohne sich besonders darum zu bemühen, werden Jungfrau-Geborene zu Musterschülern, die man als nacheifernswertes Beispiel hinstellt, ohne daß ihnen daran gelegen ist, denn sie erwerben dadurch eher Feinde als Freunde.
Das Kapitel Freundschaften ist überhaupt ein leicht kritisches. Der Jungfrau-Mensch erlebt auf diesem Gebiet oft herbe Enttäuschungen. Er nimmt die Freundschaft selbst sehr ernst, schließt sich allerdings nicht leicht auf, und es dauert meist eine geraume Weile, ehe er jemanden an sich herankommen läßt.
Da er für Oberflächlichkeit kein Verständnis hat, liegen ihm auch die oberflächlichen Dutzendfreundschaften nicht. So trifft man Jungfrau-Geborene auch relativ selten in jugendlichen Gruppen. Sofern eine Jungfrau frei entscheiden kann, zieht sie die Geselligkeit in kleinem Rahmen - zu zweit, zu dritt - dem unverbindlichen Gruppenerleben entschieden vor. Wo sich ein größerer Kreis zwangsläufig ergibt - in der Schule zum Beispiel - sind Jungfrau-Menschen häufig Einzelgänger, die zwar gezwungenermaßen mittun und sich um freundliche Kontakte bemühen, aber letztlich doch nicht über ihren Schatten springen können, und denen man es anmerkt, daß ihnen an einer gewißen Distanz und an der Wahrung ihres Persönlichkeitsbereiches, zu dem sie keinen Zutritt erlauben, gelegen ist.
Der heranwachsende Jungfrau-Mensch muß manche inneren Kämpfe austragen. Er sehnt sich einerseits sehr nach Geborgenheit, nach der Sicherheit, die Vertrautes schenkt, ist also ziemlich familien- oder ortsgebunden, lehnt sich aber andererseits gegen jede Art von Bevormundung auf und gerät auf diese Weise in Rebellion gegen die Eltern, mit denen er doch nur zu gerne gut auskommen möchte.
Es ist immer wieder zu beobachten, daß Jungfrau-Menschen um zwanzig eine Krise durchmachen, sich gewaltsam vom Elternhaus losreißen, selbst darunter sehr leiden, es nicht zugeben wollen und erst nach einigen Jahren erreichen, was sie anstrebten: die eigene Freiheit im Einklang mit einem neu geordneten guten Verhältnis zur Familie.
Mißtrauen und Sekpsis, zwei sehr verbreitete Jungfrau-Eigenschaften, machen sich ebenfalls schon früh bemerkbar. Jungfrau-Geborene zögern vor jedem entscheidenden Schritt, sie sind manchmal übertrieben vorsichtig, haben mit Hemmungen zu kämpfen und kommen infolgedessen eher langsam voran.
Das gilt übrigens auch auf dem Sektor der Partnerbeziehungen, der Liebe. Wenn ein Jungfrau-Typ, weiblichen oder männlichen Geschlechts, erstmals tiefere Sympathie fühlt und sich die ersten sexuellen Wünsche zu regen beginnen, scheuen sich die meisten, sich offen dazu zu bekennen. Sie bleiben vorerst reserviert, wollen deutliche Beweise dafür erhalten, daß sie auch an der "richtigen Adresse" sind. Ein Jungfrau-Mensch verschenkt sich nie rasch, er drängt sich auch nicht auf, ergreift selten selbst die Initiative.
Zunächst wird getestet, ein kleiner Schritt getan, abgewartet, ob ein Echo kommt.
Vor allem Jungfrau-Machen wollen erobert werden. Wie eine gut gesicherte Festung ergeben sie sich nur dem ausdauernden Belagerer. Wenn ihnen ein Mann auch noch so gut gefällt, ist das für sie noch lange kein Grund, ihm gleich um den Hals zu fallen. So wirkt die junge Jungfrau-Geborene oft desinteressiert an Liebe und Sex, ohne es tatsächlich zu sein. Sie wartet sogar sehnsüchtig auf den "Richtigen", den Partner, für den sie mehr ist als nur ein kleines Abenteuer.
Hat eine Jungfrau einmal eine Entscheidung getroffen, so ist sie davon nicht mehr abzubringen. Eben weil ihre Entscheidungen nicht einer bloßen Laune entspringen, sondern gründlich erwogen werden, ist es ihr nicht möglich, daran etwas zu ändern. Zumindest nicht innerhalb kurzer Zeit.
Das erklärt, weshalb früh geschlossene Jungfrau-Ehen, die nicht halten, was man sich davon versprach, trotzdem länger halten, als das im Durchschnitt der Fall ist. Die Jungfrau-Menschen versuchen immer wieder, doch noch zu retten, was ihnen einmal das Ziel aller Wünsche und Träume schien, und sie entschließen sich erst nach geraumer Zeit, endgültig zuzugeben, daß sie sich irrten. Es müssen schon sehr schwere Enttäuschungen vorliegen, ehe sich eine Jungfrau dazu durchringt, einen einmal getanen Schritt zurückzunehmen.
Die tüchtigen, gewissenhaften Jungfrau-Geborenen vermögen im Beruf Ausgezeichnetes zu leisten. Doch wenn sich eine Frau dieses Zeichens geradezu verbissen in die Arbeit vergräbt, dann ist es fast immer um ihr Privatleben unbefriedigend bestellt, ist sie allein, enttäuscht und darüber viel verzweifelter, als sie zuzugeben bereit ist. Das Feld, auf dem eine Jungfrau-Geborene ihre Emsigkeit am liebsten entfaltet, ist nämlich das eigene Heim. Sie ist glücklich, wenn sie für eine Familie sorgen kann, tut das mustergültig und eher zuviel des Guten als zuwenig. Ihre Aufopferungsbereitschaft ist hoch, ihre Fürsorge für Mann und Kinder nicht selten so intensiv, daß sie den Umsorgten damit auf die Nerven fällt.
Die Jungfrau-Geborene hat sehr früh eine ernste Auffassung von ihren Aufgaben und Pflichten als Ehegattin und Mutter. Diesen Aufgaben trachtet sie im weitestgehenden Maße gerecht zu werden.
Irgendwie strebt sie damit einen Selbstbeweis an. Ihr Ziel ist, eine möglichst vollkommene Gefährtin zu sein. Auf dem Grund ihrer Seele lauert ständig die Angst, "nicht genug" zu tun.
Das Heiratsalter der Jungfrau-Geborenen liegt um ein bis zwei Jahre höher, als dem Durchschnitt entspricht. Die Erklärung dafür ist einfach. Es fällt den Jungfrau-Mädchen nicht so leicht, Kontakte zu schließen. Sie sind dem anderen Geschlecht gegenüber wenig aktiv, vielmehr ganz besonders zurückhaltend und vorsichtig. So manche Beziehung, deren Entwicklung durchaus positiv sein könnte, scheitert am zögernden Verhalten der Jungfrauen, die sich auch dann noch abweisend geben, wenn sie im Herzen längst ja gesagt haben.
Frühehen schließen jene Jungfrau-Geborenen, die das typische Abwarten und Abwägen ihres Zeichens relativ wenig aufweisen, denn selbstverständlich gibt es auch unter den Jungfrauen viele Schattierungen.
Wenn so ein Jungfrau-Mädchen, das mit dem geliebten Partner eins geworden ist, auf Hochzeit drängt, und zwar vielleicht energischer als andere, so liegt das nicht daran, daß die weibliche Jungfrau ganz besonders "moralisch" ist, sondern hängt mit ihrem Streben nach Ordnung und Sicherheit zusammen. In diesem Wesenszug liegt die Wurzel für die hohe Ehewilligkeit der Jungfrau-Geborenen.
Hat die Jungfrau ihr Ziel erreicht, konzentriert sie sich darauf, ihre Ehe zu einer perfekten zu machen. Sie strebt also nicht nur danach, daß in dem von ihr geführten Haushalt alles wie am Schnürchen läuft, das Essen stets pünktlich auf den Tisch kommt, sie will noch mehr: nämlich die harmonischste Ehe überhaupt, die je geführt wurde.
So ist der Jungfrau-Mensch mit Dreißig
Wenn die Lebenslinien und Erfolgskurven der Jungfrau-Geborenen einander selbstverständlich auch nicht völlig gleichen, sind doch gewisse Parallelen vorhanden, typische Kennzeichen der Entwicklung, die auf sehr viele Menschen dieses Zeichens zutreffen und auf das, was sie erreichen beziehungsweise verfehlen. Ein Jungfrau-Mensch hält immer wieder einmal gerne inne, besinnt sich und zieht Bilanz. Der Übergang von einem Lebensjahrzehnt in das nächste bietet sich dafür besonders an. Und wenn die bilanzziehende Jungfrau dreißig ist, wird sie mit ziemlicher Sicherheit zu dem Schluß kommen: Vieles könnte besser sein - aber ich könnte es eigentlich auch noch schlechter getroffen haben.
Das Mittelfeld ist der Sektor, in dem man die meisten Jungfrau-Geborenen antrifft - nicht ganz vorn, aber auch nicht ganz hinten, und je nach augenblicklicher Verfassung sind sie zufrieden damit oder auch nicht.
Zur Berufswahl ist es im Jungfrau-Zeichen häufig auf Umwegen gekommen, und irgendwo an diesem Umweg liegt ein großer, unerfüllter Wunsch begraben. Vernunft, sachliche Überlegungen haben ihm dieses Grab bereitet. Viele Jungfrau-Menschen ergreifen letzten Endes nicht den Beruf, der ihnen der liebste gewesen wäre, sondern bestenfalls den zweitliebsten.
Der gerade in wesentlichen Fragen oft schweigsame Jungfrau-Typ macht solche Entschlüsse mit sich allein aus. Nicht einmal die nahestehendsten Menschen wissen immer genau, welchen Kampf er gerade austrägt. Auch die so nüchtern wirkenden Jungfrau-Geborenen haben Träume, Sehnsüchte - sie sprechen bloß nicht offen darüber und überlassen sich ihnen nicht. Selbstkritik ist in überdurchschnittlichem Maß vorhanden, Vorsicht kommt hinzu.
So versagt sich dann dieser oder jener Jungfrau-Mensch den Wunsch, eine künstlerische Karriere zu wählen, weil er nicht sicher ist, ob seine Begabung genügt, ein anderer, der sich brennend für Archäologie interessiert, ergreift einen kaufmännischen Beruf, weil der letzten Endes sicherer ist, und wieder ein anderer, der gerne Medizin studiert hätte, verzichtet, weil er nicht sicher ist, ob er den Belastungen des Arztberufes auch gewachsen wäre.
Wagemut, Tollkühnheit, unbekümmerte Selbstsicherheit sind im Jungfrau-Zeichen nicht anzutreffen. Das bedeutet einerseits, daß die Realisierung von Wünschen nicht in Angriff genommen wird, obwohl sie manchmal im Bereich des Möglichen gelegen wäre. Andererseits freilich - und das ist wohl häufiger der Fall - ersparen sich die Jungfrau-Geborenen spätere Enttäuschungen oder ein Scheitern auf halbem Wege.
Welche Entscheidung ein Jungfrau-Typ auch immer treffen mag - sicher ist, daß er sich, sobald sie gefallen ist, mit aller verfügbaren Kraft auf das gewählte Ziel konzentriert, mag er es frohen Herzens gewählt haben oder mit kühler Überlegung.
Der dreißigjährige Jungfrau-Mensch, der ja nie ein Trödler gewesen ist, hat zumeist schon einige Erfolge aufzuweisen. Er wird wahrscheinlich, was wiederum mit seinem bedächtigen, vorsichtigen Wesen zusammenhängt, noch nicht zur Spitze vorgestoßen sein, doch er hat sein gesichertes Auskommen gefunden, und jene, die zu den geschicktesten Taktikern gehören, haben sich auch bereits Vorteile gesichert.
Ihrer besonderen Fähigkeiten wegen sind Jungfrau-Menschen vor allem für Berufe geeignet, die Genauigkeit, Geduld und Gewissenhaftigkeit, auch Organisationstalent zur Voraussetzung haben. Das sind freilich meist jene Berufe, in denen sich selten eine spektakuläre Karriere machen läßt. Langsames "Hinaufdienen" ist im Jungfrau-Zeichen nachgerade schicksalhaft.
Und im Privatleben? Auf diesem Gebiet könnte es in den Jahren um Dreißig zu Veränderungen kommen, und zwar auf verschiedene Weise.
Es gibt Jungfrau-Geborene, vor allem Jungfrau-Männer, die eine feste Bindung immer wieder hinausgeschoben haben, weil sie zuerst sicher auf den eigenen Beinen stehen wollten, ehe sie die Verantwortung für eine eigene Familie übernehmen. Das Zeichen der Jungfrau prägt ja besonders verantwortungsbewußte Menschen, die sich nicht darauf verlassen, daß eine Sache, die sie in Angriff nehmen, schon irgendwie klappen werde, sondern die erst die Voraussetzungen schaffen, die ihrer Ansicht nach nötig und von Wichtigkeit sind, und dann handeln.
In den Jahren um Dreißig tut dann also der Großteil der Gruppe bisher unverheiratet gebliebener Jungfrau-Menschen den Schritt in die Ehe, und diese relativ spät eingegangenen Bindungen sind oft besonders haltbar.
Im vorangegangenen Kapitel war auch bereits von den jung geschlossenen Ehen die Rede und davon, daß Jungfrau-Menschen eine nicht alltägliche Bereitschaft an den Tag legen, Verbindungen, in denen viele Wünsche offenbleiben, dennoch aufrechtzuerhalten. Heiraten und sich wenige Monate oder Jahre später wieder scheiden lassen, paßt eben schlecht in das Jungfrau-Konzept. Was begonnen wurde, muß durchgefochten werden, sagen sich diese Menschen, und sie entfalten eine außerordentliche Zähigkeit, die anderen oft unverständlich ist.
Freilich: Auch die größte Geduld hat ihre Grenzen. Man kann keine fixen Termine dafür nennen, wann sie endgültig erschöpft ist, doch mit Dreißig haben etliche den Punkt erreicht, an dem sie sich enttäuscht sagen müssen: Weitere Bemühungen sind sinnlos. Wenn es mit der Ehe bisher nicht geklappt hat, wird es das wohl in Zukunft auch nicht tun.
Gerade mit Dreißig erleben Jungfrau-Geborene nicht selten eine Art Durchbruch jener Kräfte, die egoistisch im positiven Sinn sind. Sie ziehen wieder einmal Bilanz, und wenn diese ein zu krasses Mißverhältnis zwischen Gegebenem und Empfangenem aufweist, dann ringt sich manch eine Jungfrau mit angeborenem Beharrungsvermögen doch zu dem Entschluß durch, daß im eigenen Interesse Änderungen herbeigeführt werden müssen. Leicht fällt so eine Entscheidung nie, denn der Jungfrau-Charakter, dem Oberflächlichkeit fremd ist, sträubt sich meist lange, einst hoffnungsvoll Verknüpftes wieder zu lösen. Es dauert, bis der Wunsch nach Klarheit und Ordnung im eigenen Leben die Oberhand gewinnt.
Wenn sich ein Jungfrau-Mensch einmal zu der Überzeugung durchgerungen hat, daß eine Scheidung die ehrlichere Lösung sei, dann führt er sie auch durch - egal, ob schon ein Ersatzpartner bereitsteht oder nicht. Aber wie gesagt: Es handelt sich um einen Schritt, der Mühe kostet.
Geht es darum, die Gunst eines neuen Partners zu gewinnen, hat es der Jungfrau-Geborene in vieler Weise schwer, sich Rivalen gegenüber zu behaupten. Meist sind sie kecker und draufgängerischer als er selbst, verstehen es besser, sich in Szene zu setzen und zu imponieren. Diese Gabe fehlt dem Jungfrau-Menschen nahezu völlig. Er kann nicht in eigener Sache die Reklametrommel rühren. Es liegt ihm herzlich wenig an oberflächlichem Getändel, das sich vielleicht mit der Zeit vertieft.
So ist der Jungfrau-Mensch mit Vierzig
Der Jungfrau-Mensch ist nur in ganz seltenen Ausnahmefällen und wenn glückliche Zufälle ihm helfend beistehen, ein Senkrechtstarter. Die meisten kommen im Beruf eher langsam voran, und so stellen sie mit Vierzig vielleicht erst dort, wo andere bereits mit Dreißig standen. Dafür aber stehen sie sehr fest, während etliche der allzu Schnellen inzwischen schon Schiffbruch erlitten.
An so einem Punkt erinnern sich die Jungfrau-Geborenen dann an das Sprichwort "Wer zuletzt lacht, lacht am besten", und sie hören auf, mit ihrem Schicksal und ihrem Wesen zu hadern, das es ihnen nicht erlaubt hat, Blitzsiege zu feiern. Die Rolle des stillen Zusehers, in die sich Jungfrau-Menschen oft gedrängt fühlen, behagt ihnen ja im Grunde genommen wenig, denn sie sind ehrgeizig. Nur können sie eben nicht über ihren Schatten springen. Mit Vierzig wird dann einigen klar, daß es recht gut ist, wenn sie es nicht konnten.
In der Seele des Jungfrau-Menschen gibt es so manchen Zwiespalt, wie dies ja gerade bei ernsten und grüblerischen Naturen häufig der Fall ist. Jungfrau-Geborene schwanken nicht allein zwischen Selbstbewußtsein und bisweilen übertriebener Selbstkritik, sie können auch gleichzeitig (oder zumindest in raschem Wechsel) bescheiden und unbescheiden, genügsam und anspruchsvoll sein.
Es stimmt zwar, daß sie gar nicht anders als pflichtbewußt handeln können, daß Fleiß und unermüdliches Streben für sie selbstverständlich sind, also nicht primär das Lob, das dafür geerntet werden kann, zum Ziel haben - doch wenn dieses Lob ausbleibt, wenn auch andere Menschen die Tüchtigkeit des Jungfrau-Typs bloß als selbstverständlich hinnehmen und schweigend übergehen, dann ist der Jungfrau-Mensch doch sehr enttäuscht und gekränkt.
Ganz eindeutig ist in diesem Zeichen das Verlangen vorhanden, wenn schon nicht von "aller Welt", so doch wenigstens von der näheren Umgebung die investierte Mühe anerkannt und entsprechend gewürdigt zu sehen.
Typisch für den Jungfrau-Geborenen ist es auch, daß er sich unablässig bemüht, noch weiterzulernen und den Horizont zu erweitern. Auch mit Vierzig fühlt er sich keineswegs zu alt dazu.
Wichtig ist gerade für diese Menschen, die sich nicht leicht aufschließen und ihr Vertrauen sparsam verschenken, den richtigen Partner an der Seite zu haben. Mit Vierzig müßten sie ihn spätestens gefunden haben, denn die Bereitschaft zu grundlegenden Veränderungen der Lebenssituation, die ja nie übertrieben groß war und von hundert Wenns und Abers und Skrupeln und Zweifeln gebremst wurde, nimmt jetzt keinesfalls mehr zu, sondern sogar noch ab.
Wie sind sie denn überhaupt, diese "Idealpartner" für Jungfrau-Geborene? Wie sollten sie sein?
Die Partner von Jungfrau-Menschen dürfen wohl ein wenig lebhafter und beweglicher sein als die Jungfrau selbst, doch sie dürfen sich nicht im direkten Gegensatz zu diesem Typ befinden. Sie sollten anfeuern, aber von der Jungfrau nichts verlangen, was ihr unmöglich ist. Sie dürfen keine zu dünne Haut haben, denn sie werden gelegentlicher Kritik ausgesetzt sein, die sich auch der verliebteste Jungfrau-Mensch nicht völlig verkneifen kann. Und sie sollten dem Ehepartner aus dem Zeichen der Jungfrau von Zeit zu Zeit immer wieder zu erkennen geben, daß sie dies oder jenes an ihm besonders schätzen, ihm also ganz einfach jene Anerkennung spenden, nach der er durstig ist, auch wenn er so tut, als liege ihm nichts daran.
Jungfrau-Geborene sind als Ehepartner nicht oder höchstens um ein geringes schwieriger als Partner aus anderen Sternzeichen, wenn ... - und dieses Wenn entscheidet. Wenn man ihnen nämlich keine Verdachtsmomente liefert, ihnen gütiges Verstehen und fröhliche Festigkeit zeigt, wenn es auf der Sexebene keine Differenzen gibt und das Klima in den eigenen vier Wänden gleichmäßig temperiert, gehalten wird.
Die Jahre um Vierzig sind für die Ehen der Jungfrau-Menschen übrigens relativ günstig einzustufen. Nicht nur vereinzelt, sondern in ziemlich vielen Fällen kann nun beobachtet werden, daß Ehen, die in vorangegangenen Phasen bedroht waren, sich merklich bessern. Die Krisenanfälligkeit nimmt ab, es tritt Beruhigung ein. Der Jungfrau-Mensch beiderlei Geschlechts zeigt größere Kompromißbereitschaft und mehr Nachsicht als in jüngeren Jahren. Noch etwas ist festzuhalten: Die gefährliche Unruhe, die viele Menschen ab Vierzig befällt, die sogenannte "Torschlußpanik", die dazu treibt, noch schnell, schnell, bevor das Kapitel Sex im Lebensbuch abgeschlossen wird, "etwas zu erleben", dieser Zustand tritt im Jungfrau-Zeichen meist weniger deutlich in Erscheinung als in anderen. Vom Jungfrau-Mann mit Vierzig (und darüber) sind also späte Abenteuer mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu erwarten als bei den meisten anderen Männern. Und auch die weibliche Jungfrau-Geborene ist für Versuchungen nicht übertrieben anfällig.
Hingegen wird nun so manches entdeckt, was den Lebensinhalt bereichern kann, und in günstigen Fällen entdecken Ehepartner es gemeinsam. Die Liebe zur Natur kann zum Beispiel nun stärker als früher verspürt und als Kraftquell entdeckt werden. Oder die Freude am Reisen, der man jetzt erst nachgeben kann, da die finanzielle Situation es erlaubt und die Kinder, die herangewachsen sind, keine Belastung mehr darstellen.
Im ständigen stillen Kampf gegen die Unzufriedenheit mit sich selbst, den Jungfrau-Geborene führen, tritt in den Jahren um Vierzig oft eine Art Waffenstillstand ein. Das ist ihr spezielles Rezept, das sie sich - unbewußt vielleicht - verschreiben, um "vom Leben noch etwas zu haben": In dieser Phase, in der sie noch jung genug sind, um Lebensfreuden genießen zu können, alt genug, um das zu schätzen zu wissen, ihr zweites, grübelndes, unzufriedenes Ich vorübergehend zum Schweigen zu bringen, damit es ihnen das Dasein nicht vergällt.
Freilich: Ganz leicht ist das Leben mit einem Jungfrau-Geborenen auch dann nicht, wenn er vierzig ist. Die Frau muß sich ihm in vieler Hinsicht anpassen, muß Verständnis für sein bedächtiges Planen haben, für seine Sparsamkeit, seine Ordnungsliebe. Fällt ihr das nicht allzu schwer, wird sie für jene Dinge, auf die sie vielleicht verzichten muß, reichlich durch die Geborgenheit entschädigt, die ein Jungfrau-Mann seiner Frau zu geben versteht, durch seine Fürsorge für die Familie, seine Opferbereitschaft, sein ständiges Bemühen, den Seinen das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Für eine leichtlebige Frau, die sich auch im reiferen Alter hauptsächlich amüsieren möchte, ist der Jungfrau-Mann daher kein geeigneter Partner. Sie wird ihn als zu pedantisch, als zu mustergültig, kurz, als zu "alt" empfinden und vielleicht danach trachten, einen Ausgleich zu schaffen, indem sie sich einen jüngeren und schwungvolleren Freund sucht. Das Dilemma wäre damit perfekt, denn der Jungfrau-Mann hat dafür nicht das geringste Verständnis.
So ist der Jungfrau-Mensch mit Fünfzig
Der Jungfrau-Mensch mit Fünfzig kann noch durchaus leistungsstark sein. Da es sich jedoch um einen betont tätigkeitsfrohen Typ handelt, wird ein auch nur geringfügig bemerkbares Nachlassen der Schaffenskraft oft übertrieben ernst und zum Anlaß für sorgenvolles Grübeln genommen. Die Furcht vor unliebsamen Geschehnissen und Verlusten gehört ja zum Jungfrau-Charakter.
Und so sieht dann so eine Jungfrau, die etwa bemerkt, daß das Stiegensteigen nicht mehr ganz so mühelos gelingt wie mit Dreißig, oder daß das Gedächtnis nicht mehr hundertprozentig funktioniert, darin die Vorboten drohender Vergreisung und knapp bevorstehenden Siechtums, auch wenn noch Jahrzehnte bis zum Eintreten dieses Stadiums verstreichen können.
Wenn ein Jungfrau-Mensch übertreibt - und er hat eine gewisse Neigung dazu -, dann übertreibt er eben eher das Negative als das Positive. Man wird ihn also kaum vor Freude außer Rand und Band geraten sehen, doch kann es sein, daß er sich in Sorgen regelrecht hineinsteigert.
Es sind also solche oft ungerechtfertigten Sorgen in Verbindung mit dem Alterungsprozeß, die Jungfrau-Menschen in den Jahren um Fünfzig als Lebenspartner wieder schwieriger machen. Daß sie obendrein nur ungern über Dinge sprechen, die sie belasten, erhöht die Schwierigkeiten. Der Partner weiß wirklich nicht, was den Jungfrau-Geborenen bedrückt, denn er selbst sieht ja nichts Bedrohliches, stellt lediglich fest, daß die Jungfrau schweigsamer geworden ist, geringere Lebensfreude zeigt, und kann den Grund nicht finden.
Nur bei überdurchschnittlicher Harmonie in der Partnerschaft gelingt das, und auch dann ist es wohl nur vorübergehend möglich, die Jungfrau-Sorgen zu zerstreuen. Sie kommen wieder.
In weniger guten Partnerschaften nehmen Reibereien zu. Dies gilt vor allem, wenn der männliche Ehepartner aus dem Zeichen der Jungfrau stammt. Dann fällt nämlich noch etwas anderes ins Gewicht: die berufliche Situation. Sie kann, objektiv betrachtet, durchaus zufriedenstellend sein, aber es ergibt sich ganz selbstverständlich, daß der fünfzigjährige Jungfrau-Mann mit einer immer größeren Zahl weit jüngerer Kollegen zurechtkommen muß, und das gelingt ihm nicht immer.
Er ist in seinen Ansichten ja ziemlich starr, gewöhnt sich schwer an neue, modernere Arbeitsmethoden und fühlt sich gleich persönlich verletzt, wenn ein System, mit dem er seit langem vertraut ist, nun plötzlich von den Jungen als veraltet abgetan oder gar verlacht wird.
Da er seine Verletzbarkeit nicht zugeben will, verschanzt er sich hinter grimmiger Abwehr, reagiert übertrieben schroff und hart, und das Arbeitsklima wird dadurch verschlechtert. Diesen Groll trägt der Jungfrau-Mann dann nach Hause in sein Privatleben.
Es muß nicht immer ganz kraß kommen, denn manche Jungfrau-Menschen verstehen es, Güte und Weisheit zu kultivieren, doch völlig problemlos verläuft der Berufskontakt mit der jüngeren Generation nur selten.
Mit Fünfzig stehen manche Jungfrau-Menschen auch wieder allein im Leben. Sie haben den Partner verloren, und die Kinder sind selbständig geworden. Wie wird der Jungfrau-Typ mit dem Alleinsein fertig?
In den Reihen der Jungfrau-Geborenen findet man ebenso den Typ, der aus Überzeugung allein ist, wie den anderen, der zugibt, daß ihm dieser Zustand zu schaffen macht. Der Unterschied beruht zum Teil auf der individuellen Ausprägung des Jungfrau-Charakters, zum anderen Teil auch auf der Entwicklung des jeweiligen Schicksalsweges und den Erfahrungen, die dabei gemacht wurden.
In der Regel findet sich ein Jungfrau-Mensch mit dem Verlust, den er durch den Tod des Partners erlitt, zwar schwer ab - noch schwerer aber damit, den Partner an einen anderen Menschen zu verlieren.
Diese Gruppe unternimmt dann keinen Versuch mehr, einen neuen Partner zu finden. Vor allem die Jungfrau-Menschen mit übersteigert heftigen Reaktionen weigern sich, an eine weitere Chance auf der Partnerebene zu glauben. Sie wählen in trotziger Selbstgenügsamkeit den einsamen Weg. Die Angst vor einer neuen Enttäuschung ist so groß, daß sie alles andere überlagert.
In dem Leben, das ein Jungfrau-Mensch mit niemandem mehr teilt, hat die Arbeit ihren festen Platz - die Berufsarbeit ebenso wie die Tätigkeit im geliebten Heim, das Trutzburg und Zufluchtsstätte ist und sorgsam gehütet, gehegt und gepflegt wird. Meist gibt es in diesem Jungfrau-Heim viel "Selbstgemachtes", also Selbstgebasteltes, -gestrichenes, -gesticktes, -gezimmertes.
Besitz - genauer gesagt, die Freude am Besitz - wird gerade in diesem Zeichen großgeschrieben. Besitzfreude und Sammelfreude sind nahe Verwandte. Und so gehört das Sammeln von irgendwelchen Dingen im Zeichen der Jungfrau zu den beliebtesten Hobbys. Die Beschäftigung mit den sorgsam betreuten Sammlungen verschiedenster Art hat schon vielen alleinstehenden Jungfrau-Menschen über einsame Stunden hinweggeholfen.
In der Freizeitgestaltung der Jungfrau-Menschen nimmt aber auch die Weiterbildung breiten Raum ein. Es werden also Vorträge oder Kurse besucht, Rundfunk- oder Fernsehsendungen, von denen man sich eine Wissensbereicherung verspricht, bereits im Wochenprogramm rot angekreuzt, Zeitschriften, die mit dem Beruf oder einem Hobby zu tun haben, abonniert.
Überhaupt wird im Zeichen der Jungfrau sehr viel gelesen, womöglich darüber Buch geführt, und interessante Ausschnitte wandern in sauber beschriftete Mappen, um sie bei späterem Bedarf gleich griffbereit zu haben.
Langweilig ist einem alleinstehenden Jungfrau-Typ wohl nie, denn wenn sich Beschäftigung nicht von selbst ergibt, so sucht er sich welche.
Mit einem gewissen Ehrgeiz trachtet der alleinstehende Jungfrau-Mensch, sich selbst und der Umwelt zu beweisen, daß er völlig unabhängig ist und alles allein aus eigener Kraft schaffen kann.
Der Jungfrau-Mensch hat eine gewaltige Scheu davor, bemitleidet zu werden. Nein - niemand braucht zu wissen, daß er sich mitunter doch nach einem Leben zu zweit sehnt. Das stimmt ja gar nicht, redet er sich ein, und er suggeriert es sich so heftig, daß er es zuletzt selbst glaubt und zu leidlicher Zufriedenheit gelangt.
Der Nachteil dieser Einstellung: Ergibt sich in diesem Alter doch noch die Gelegenheit, eine neue Partnerschaftsbeziehung einzugehen, dann schreckt der Jungfrau-Mensch davor zurück, weil er sich selbst davon überzeugt hat, auch allein ganz gut über die Runden zu kommen. Oft wird erst zu spät erkannt, daß damit eine wertvolle Chance vertan wurde, die sich wahrscheinlich nicht noch einmal wiederholen dürfte.
So ist der Jungfrau-Mensch mit Sechzig
Mit Sechzig ist der Jungfrau-Mensch seinem Alter gegenüber durchaus realistisch eingestellt. Er wird sich nicht bemühen, krampfhaft jugendlich zu erscheinen. Er wird sich aber auch nicht den Greisen oder Greisinnen zuzählen. Das hat ja wohl noch Zeit!
Merkwürdigerweise stört den Jungfrau-Menschen mit sechzig das Älterwerden weniger, als es das mit fünzig tat. Vielleicht weil er jetzt bereits Erfahrung damit hat und weil ihm diese Erfahrung gezeigt hat, daß es damit gar nicht so schrecklich schnell geht, wie er zuerst gefürchtet hat.
Das er den einen oder anderen Abstrich machen muß, daran hat er sich bereits gewöhnt. Und in diesem Sich-an-etwas-Gewöhnen ist er ja groß. Die einen nennen das seine Stärke, die anderen eine Schwäche. Es kommt auf die Betrachtungsweise an.
Er denkt natürlich an die jüngeren Jahre zurück, und wie es bei diesem Zurückdenken so vor sich zu gehen pflegt, erscheint dann manches Verflossene in einem rosigeren Licht. Aber solchen Stimmungen überläßt sich der Jungfrau-Typ nie für lange. Er ruft sich bald wieder zur Ordnung, korrigiert seine Erinnerungen insofern, als er neben die lichten, glänzenden auch die weniger schönen stellt und sich sagt: Ja, dies und das war wunderbar - aber damals habe ich doch auch im Beruf arg zu kämpfen gehabt und mit X diese schwere Enttäuschung erlebt... - Und auf diese Weise betrachtet, schrumpft der Wunsch, nochmals vierzig zu sein, schnell wieder in sich zusammen.
Merkwürdig ist bei Jungfrau-Menschen, daß sie sich fast nie wünschen, nochmals zwanzig zu sein. Sofern solche Wünsche, das Rad der Zeit zurückdrehen zu können, überhaupt auftauchen, gelten sie weit eher dem vierten Lebensjahrzehnt. Jungfrauen stehen ja sehr oft in dem Ruf, besonders vernünftig zu sein - sind es zum Teil auch wirklich, wenn auch nicht ausschließlich. Nun, mit Sechzig ist diese Vernunft bei vielen - nun, nennen wir es: milder geworden, weicher, gütiger, auch wohl weiser. Für alle gilt das nicht. Es gibt neben den ausgeglichenen Jungfrau-Sechzigern, die sich in ihrer Lebenserfahrung häuslich eingerichtet haben und bestrebt sind, das Schönste aus dem Rest ihres Lebens zu machen, auch noch andere: Verbitterte, Versteinte, die sich völlig abgekapselt haben, mitunter böse geworden sind oder zumindest das Böse-Sein als Maske tragen, die fremde Menschen davon abhalten soll, sich dem Jungfrau-Typ zu nähern. Laßt mich gefälligst in Ruhe! fordert diese Maske. Aber der Prozentsatz dieser sechzigjährigen Jungfrau-Geborenen ist erfreulicherweise nicht sehr hoch.
Übertrieben gesellig ist auch der freundliche Jungfrau-Typ nicht. Es kommt ihm eben nicht auf die Menge der Kontakte an, sondern darauf, daß sie seinen Vorstellungen entsprechen. Er gehört also nicht zu jenen Menschen, die jeden Tag in einer anderen Gesellschaft sein müssen, weil sie es einfach nicht aushallen, ohne Gesprächspartner zu sein, und weil sie ständig neue Anregungen brauchen. Der Jungfrau-Mensch ist in dieser Hinsicht genügsamer. Plauderstunden mit Freunden und Bekannten, Verwandten oder alten Kollegen ein- oder zweimal in der Woche genügen ihm völlig. Das ist ihm Abwechslung genug. Dazwischen ist er sogar recht gerne allein - daheim mit dem Ehepartner oder eben allein, wenn er diesen Partner verloren hat.
Jungfrauen verstehen es, sich solo zu beschäftigen. Manche führen dabei Selbstgespräche, und das muß noch lange kein Beweis dafür sein, daß bei ihnen bereits ein Schräubchen locker ist... Allzu sportlich waren Jungfrau-Menschen in der Regel nicht, als sie noch jünger waren. Es fällt bei ihnen also die betrübliche Einschränkung weg, daß Leistungen von ehedem nun nicht mehr erbracht werden können. Aber es kann sein, daß dieser oder jener Jungfrau-Geborene jetzt in seinen "alten Tagen" mehr Freude als früher an körperlicher Bewegung hat. Da er nun auch mehr Zeit hat als früher, wird er sich diese harmlosen Freuden gönnen, vielleicht öfter gemächlich Spazierengehen, die eine oder andere kleine Wanderung machen, die nicht anstrengt, gelegentlich schwimmen oder im Urlaub Minigolf spielen.
Der Urlaub spielt im Leben der Jungfrau-Pensionisten eine besondere Rolle. Darauf freuen sie sich schon Wochen und Monate zuvor. Die etwas Ängstlicheren wählen die Urlaubsziele nicht mehr in weiter Ferne, sondern beginnen die Schönheiten der engeren Heimat zu entdecken und stellen dabei fest, daß es deren eine große Zahl gibt und Urlaube im näheren Umkreis auch nicht das Schlechteste sind. Die "Mutigeren" entschließen sich nach wie vor zu Auslandsreisen, legen nur vielleicht Wert darauf, daß sie nicht allzu anstrengend sind.
Wo steht denn übrigens geschrieben, daß man nur einmal im Jahr Urlaub machen kann? Die Pensionierung erlaubt es, mehrmals wegzufahren, und wenn die finanziellen Möglichkeiten dazu bestehen, wird die sechzigjährige Jungfrau gleich im Frühling einmal einen kurzen "Tapetenwechsel" vornehmen, im Sommer dann einige Wochen in einem schönen, stillen Dorf verbringen, im Herbst vielleicht eine kleine Städtereise mit dem Bus unternehmen und im Winter noch einmal reine, gesunde Schneeluft in den Bergen tanken. Das läßt sich alles einrichten.
Wieder daheim, ist es der echten Jungfrau bestimmt nicht langweilig. Diese Menschen finden immer etwas, womit sie sich beschäftigen können. Sie sind in der Regel am Weltgeschehen interessiert, lesen Zeitungen und Zeitschriften, verfolgen Diskussionen und Berichte im Fernsehen. Auch Rätsel werden gerne gelöst, und dabei vergeht so manche angeregte Stunde. Dann gilt es wieder, im Haus auf Sauberkeit und Ordnung zu sehen. Nein - der Ausspruch "Mir ist so fad" stammt bestimmt von keiner Jungfrau.
Es ist für die Jungfrau-Menschen ganz im allgemeinen, besonders aber für die älteren, die sechzigjährigen etwa, typisch, daß sie sehr bewußt leben. So wohnen sie auch sehr bewußt. Die Wohnung ist für viele von ihnen nicht einfach eine von Wänden begrenzte Räumlichkeit, in der man schläft und die Dinge aufbewahrt, die man besitzt, sondern mehr: das geliebte, ganz spezifische, individuell gestaltete Heim, in das man sich gerne zurückzieht und das darin angesiedelte Erlebnis "Wohnen" genießt.
Manche Jungfrauen haben diesen Genuß sehr vermißt, als sie noch mitten im Arbeitsprozeß standen und sich nur an kurzen Morgen- oder Abendstunden und während freier Tage in ihrer Wohnung aufhalten konnten. Sie haben also eine Art "Nachholbedarf", der nun im Alter gestillt werden kann. Ein Grund mehr, der ihnen den Abschied vom Beruf weniger schmerzlich macht.
Es mag sein, daß so eine Jungfrau mit Sechzig Diät halten muß, weil es mit dem Magen und dem ganzen Verdauungstrakt nicht recht klappt. Davon abgesehen ist das Allgemeinbefinden aber meist noch recht gut. Es steht dem Genießen der Freuden später Lebenstage also kaum etwas im Wege . . .