Hallo Henry
...ich bin zwar kein Krebs aber Mutter von einem Sohn und einer Tochter. Meine Tochter wohnt schon 2 Jahre mit ihrem Freund zusammen. Ich kann Deine Mutter ein Stück weit verstehen. Mir ging es auch immer so, dass ich ziemlich grantig war, wenn es bei ihr Daheim unordentlich war. Da hat man das Gefühl, dass man vielleicht etwas falsch gemacht hat bzw. dass das Kind sein Leben nicht im Griff hat. Kurz und gut, ich hatte dann mal ziemlich Streit mit meiner Tochter und wochenlang war Funkstille. Ich selber habe eine tolle Mutter und wir haben ein super Verhältnis. Ich war immer sehr traurig, dass das mit meinem Kind nicht so war. Es hat schon etwas gedauert, bis ich darauf gekommen bin, dass das aber an mir lag. Auch meine Tochter muß lernen auf eigenen Füßen zu stehen und wenn sie um Hilfe bittet, werde ich zur Stelle sein - aber vorher auch nicht. Auch sie muß ihre Erfahrungen sammeln und merken, wenn sie ein paar Tage den Haushalt schleifen läßt, dass es dann halt immer mehr wird. Heute schaue ich drüber weg, wenn es nicht wie geschleckt ist (das ist es aber bei mich auch nicht) und freue mich, wenn wir uns sehen. Tja und dann noch ein Sohn, der plötzlich auf sich alleine gestellt ist - noch schwieriger. Ich denke, Mütter von Söhnen denken, die Jungs kommen ohne sie nicht so einfach klar und wollen hilfreich zur Stelle sein. Mein Sohn hat Glück - ich habe etwas dazugelernt. Nun bist Du auch noch Einzelkind und somit hast Du die volle Aufmerksamkeit. Vielleicht wartest Du mal einen günstigen Moment ab und sprichst in aller Ruhe mit Deiner Mutter darüber, dass Du nun für dich selber verantwortlich bist. Es wäre ja auch schade, wenn sie nur vorbeikommen könnte, wenn es bei Dir tip-top ist. Sage ihr, dass Du Dich darüber freuen möchtest, wenn sie Dich besucht und Du Dir nicht darüber GEdanken machen willst, was sie über Deine unaufgeräumte Bude denkt. Sie wird lernen, Dich loszulassen. Leider hast Du nicht geschrieben, seit wann Du ausgezogen bist.
Gib ihr die Zeit, sich daran zu gewöhnen - und dann werden die Abstände der Anrufe auch länger werden. Sie will doch nur wissen, dass alles i.O. ist - und Du fühlst Dich dadurch bevormundet, auch das finde ich normal. Bedenke, sie war 22 Jahre für Dich da - Tag und Nacht und von heute auf Morgen ist der "Bub" flügge und will sein eigenes Leben leben. Da kommt man sich schon ausgeschlossen vor. Als Eltern muß man dann auch wieder lernen, die freie Zeit sinnvoll zu nutzen und es als toll empfindet, dass man nun tun und lassen kann was man will. So wie ich hier mitbekommen habe, sind ja Krebe eh voll die Familienmenschen - aber die Löwen (das bin ich) auch. Heute bin ich super glücklich, dass meine Kinder ihr Leben selber im Griff haben (ok, mein Sohn ist noch zu Hause - aber der hat sich nun nach unserem Tagesablauf zu richten - oder halt nicht. Das bleibt ihm überlassen. Versuche einfach, Dich in Deine Mutter hineinzuversetzen - für die ist das jetzt auch der Aufbruch in ein neues (anderes) Leben....