Dieses anschmiegsame Geschöpf, das jahrelang in erotischer Dämmerung zu leben vermag, wird, wenn wach geküßt, recht munter und liebebedürftig und neigt dann zu jenen heftigen Umgarnungen des ach so selten gefundenen Lieblingsmannes, wie das manchmal auch fleischfressende Pflanzen tun, wenn sich eine schöne fette Fliege in ihren Blütenkelch verirrt.
Auch die Fische-Frau lockt durch verhaltene Abwehr eine raffinierte Technik, die neugierigen Männern viel Freude macht, ohne zu ahnen, dass die letzte Freude doch der Nixe mit den samtenen Plüschaugen gehört. Wenn alles nichts fruchtet, glänzt in diesen verschleierten, träumerisch blickenden Augensternen auch manchmal eine ebensolche Plüschträne, und es hat sich schon oft bewiesen: Eine Fische-Frau wird erst schön, wenn sie weint!
Lassen Sie es nicht so weit kommen, denn nicht jede Fische-Frau gleicht einer Circe, wenn sie auch viel von diesen Lockvögelchen an sich hat. Sie braucht, weil von passiv-duldender Art, die erobernde Hand eines gutsituierten Mannes! Wenn sie auch in ihrer Jugend gleich einer Lotosblüte an schwankendem Gemütsstengel über einem Stimmungssumpf blüht, so möchte sie doch einmal im Leben auch aufs Trockene kommen!
Auf eine intuitive Weise schafft sie es auch allemal, und der Eroberte weiß nie so recht, wie ihm geschah. Die Ehe der Fische-Frau ist erfahrungsgemäß nun kein Honigschlecken, aber da sie von vorneherein mit Kompromissen rechnet und über die Taktik der "sanften Gewalt" verfügt, kommt sie in der Regel zu ihrem Existenzminimum an Liebe. Der also Beschenkte erlebt Sonne mit Regen, was zumindest ab und zu einen Regenbogen ergibt!
Ein Lieblingsmann für die Fische-Frau ist nur zeitweise zu finden und verteilt sich manchmal auf mehrere Objekte, denn einer davon enttäuscht immer durch gewisse Ausnützungseffekte sei es, dass er nur eine billige Köchin suchte oder dass er das weiche Gemüt der Fische-Frau gleich einem ostindischen Teepilz unter Wasser setzte, um sich auslaugenderweise von diesem Gemütssaft zu nähren. Solche Männer bekommt die gute Fische-Frau ein paarmal im Leben vom Schicksal serviert. Entweder sie geht unter oder verwendet die tränenfeuchten Erfahrungen zu Memoiren und Liebesromanen, weil angewandte Lyrik immer noch viel gekauft wird.
Ihr Lieblingsmann sollte also viel Schmelz im Gemüt und ein ahnendes Einfühlungsvermögen besitzen und dennoch ein Mann sein! Wer sich jedoch allzu sicher fühlt, könnte dieses Mädchen aus Velour schon wieder verloren haben. Ein Partner aus dem gleichen Zeichen brächte diese Ehe zum Gähnen oder Platzen, denn er weiß zuviel von diesem seelischen Katz- und Maus-Spiel und gilt daher als befangen. Aber ein Skorpion-Mann verschafft jene haltbare Liebe auf den zweiten Blick, weil er alles Ach und Weh der zwiespältigen Fische-Frau mit Leidenschaft erwürgt. Der Krebs-Mann lebt in gewissem Sinn ebenfalls in subtropischer Gemütslandschaft mit Lianengestrüpp und Orchideen. Er hat es im kleinen Finger, und zu ihm fühlt sich die Fische-Frau manchmal liebend hingezogen, sogar auf den ersten Blick! Wenn Wasser (Fische) und Feuer (Löwe, Widder, Schütze) sich mischen, gibt es Dampf und brauende Nebel wie in den Kratern von Vulkanen. Man sollte die Fische-Frau solch seelenmordenden Strapazen nicht aussetzen, denn sie ist möglicherweise ein gefallener Engel (zu gut für die Erde und zu sündig für den Himmel) und unterwirft sich am liebsten den zwei Gewalten: der verstehenden Sympathie oder der Leidenschaft. Die eine ist Krebs, die andere Skorpion! An den erdhaften Praktikern (Jungfrau, Stier, Steinbock) liebt sie nur das Geld.
Leider verstehen Männer dieses seelenvolle Wesen selten auf Anhieb! Am wenigsten jene Kraftmeier, die Eroberungen nur zur Selbstbestätigung brauchen. Aber es gibt auch Männer, die die Beschaulichkeit lieben und sich gerne ein Aquarium halten. Es sind meist Bastlernaturen! Es hat sich nun erwiesen, dass das Seelenaquarium einer Fische-Frau ganz ähnliche Bastlerfreuden gewährt. Besonders für Züchter mit psychologischen Interessen, die stundenlang Seepferdchen betrachten können. Sie stöbern in den nachtdunklen Seelenwinkeln ihrer Fische-Frau herum wie in unaufgeräumten Schubladen und werden zwangsläufig zum Seelentröster und Hausfreund.
Sie sind weltfremde Idealisten! Denn die Fische-Frau ist abends unter Kristall-Lüstern verführerische Nixe, echte Eva mit lässig becircenden und lockenden Künsten. Der ihr auf diese Weise unterlag, tat den klassischen Ausspruch: "Halb zog's mich hin, halb sank ich hin..." Am Morgen aber sinkt die Fische-Frau wieder zurück in ihre geistigen Reservate oder auch nur in dämmerndes Phlegma.
Trotz aller Herzens- oder Seelen-Pleiten findet man die Fische-Frau in der zweiten Lebenshälfte niemals als armes "Würstchen". Sie verfügt dann meist schon über Pensionen, Renten, Besitztümer, die sich aus der ersten Heirat ergaben. Seltsam genug: Fast immer sterben ihr die Männer weg, oder sie wird getrennt, geschieden. Gerade vor der Lebensmitte gibt es dann nochmals kräftigen Wirbel in der Liebe, manchmal auch wieder ein Suchen, Tasten, dem aber ganz selten mehr ein echtes Finden folgt! Dieser Sturm des Herzens kann bis zum vierzigsten Lebensjahr andauern. Erst wenn diese Herbstgewitter vorüber sind, kommt sie zu jener inneren Reife, die man als Resignation bezeichnet. Es tut noch eine Weile weh, aber dann vernarben die Wunden, und die "große Einsamkeit" kann beginnen!